Frieden schließen

Es ist Mitte Dezember, Vorweihnachtszeit, Endes des Kalenderjahres. Das neue Jahr kommt auf uns zu. Es ist ein guter Zeitpunkt, um mit der Vergangenheit in Frieden abzuschließen, das Alte loszulassen. Es scheint sogar ziemlich notwendig zu sein, denn heute ist alles anders als früher.
Es ist ja die zweite Corona-Adventszeit, die wir erleben. Letztes Jahr waren wir zu dieser Zeit in dem zweiten Lockdown, gab es noch keine Geimpfte und Ungeimpfte, es galten strenge Kontaktbeschränkungen. Viele Menschen mussten die Feststage allein verbringen.

Dieses Jahr gibt es kein Lockdown, Weihnachtsmärkte finden je nach Inzidenz teilweise statt; Geschäfte und Einkaufszentren sind geöffnet; für die Festtage können wir uns auf ein Festmahl mit Familie, Verwandten oder Freunden freuen. Sehr wahrscheinlich ohne große Kontaktbeschränkungen. Allerdings ist die Weihnachtsstimmung nicht mehr die alte. Der Blick ist auf das Wesentliche gerichtet. Wir wollen gesund bleiben.
Am Anfang der Pandemie war die Ansteckung der Krankheit mit all den schlimmen Folgen die Gefahr. Zwei Jahre später wissen wir, dass wir uns auch psychisch schützen sollen, denn vieles ist nicht mehr nachvollziehbar, logisch oder sinnvoll. Die Realität ist verwirrend. Je unklarer die Situation wird, desto wackliger unsere Haltung auch. Überzeugungen zerbrechen. Man möchte etwas Festes greifen, um an mehr Sicherheit und Stabilität zu gelangen.

Auch in meinem Roman „Weich unter meinen Füßen“ entspricht die Realität der Protagonistin Viivi nicht mehr ihrem gewohnten Leben. Eine Trennung, eine unerwartete Veränderung zieht ihr den Boden unter ihren Füßen weg. Auf einmal ist alles anders. Viivi befindet sich an einem Punkt, in dem alles was gestern war, nicht mehr zählt; selbst ihre alten Überzeugungen und Erinnerungen können ihr nicht helfen, um mit der neuen Situation zurecht zu kommen, den nächsten Schritt weiter zu machen.

Enttäuschung und Ohnmacht halten sie gefangen. Viivi sucht intuitiv nach alten Emotionen, um sich selbst wieder zu finden. Bewaffnet mit einer Foto-Kamera geht sie zu den Orten der Erinnerung und fotografiert Plätze und Verstecke, wo Teile von ihr wie Gespenster noch verweilen.
Die Fotos ähneln Puzzleteilen, die ihr ihr Leben bildlich zeigen wollen. Aber da noch mehrere Teile fehlen, bleibt das einheitliche Bild noch undurchschaubar.

Kennst du das auch? Wie wirken auf dich alte und neue Fotos?
Mit dem Smartphone abknipsen das macht doch jeder. Es mag absurd klingen, aber für mich ist fast ein Mittel zur Orientierung geworden. Fotos zeigen mir, wo ich wohne, was ich mag, kleine Dinge, die meinen Alltag ausmachen, und alles was ich nicht brauche und überflüssig ist oder mein Leben kompliziert macht. Durch die Fotos nimmt alles eine feste Form und zeigt sich mir in Farbe, mir wird dadurch einiges bewusst.
In dem folgenden Textauszug wird dieser Prozess verdeutlicht.

Viel Spaß beim Zuhören!

Kapitel 31. Wie eine Puzzlerin.
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